1. Kapitel, Teil 3

von Dr. Shigeru Mita

Bei den „Neuen Hibakusha* setzt „das Symptom der verminderten Leistungsfähigkeit“ ein.

*Hibakusha bedeutet ursprünglich, die von der starken Radioaktivität der Atombomben geschädigten, leidenden Menschen aus Hiroshima und Nagasaki.

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Nach dem großen Erdbeben in Nord- Ostjapan vom 11.3.2011 in Folge der Explosion des AKWs Fukushima Daiichi der Firma TEPCO, sind außer der Präfektur Fukushima auch noch weitere Bereiche in Japan radioaktiv kontaminiert. Ich war niedergelassener Arzt in Tokyo und bemerkte die Veränderung der Gesundheit meiner Patienten. Etwa 4000 Patienten, hauptsächlich aus dem Großraum Tokyo, sind von mir untersucht worden.

1. Von 2011 bis 2016

Die meisten Patienten sind sich der notwendigen Vermeidung unnötiger radioaktiven Exposition bewusst, so dass bisher keine sehr schweren auffälligen Erkrankungen bei ihnen diagnostiziert wurden. Trotzdem waren einige Symptome auffällig: anomale Nasenblutung, subkutane Blutungen, geschwollene Lymphknoten, Durchfall, Asthma und Entzündung der Nasennebenhöhlen. Das bedeutet eine Häufung der Erkrankung der Atmungsorgane, und deren Heilung sowie die Heilung von unterschiedlichen Verletzungen oder Hautentzündungen war verlangsamt.

Die Hand-Fuß-Mund-Krankheit sowie Herpangina, die eigentlich Kinderkrankheiten sind, werden bei den Erwachsenen häufiger beobachtet; und Gürtelrose als Erwachsenenkrankheit wird bei Kleinkindern vermehrt diagnostiziert. Und obwohl andere Geschlechtskrankheiten reduziert wurden, sind Fälle der Syphilis - Erkrankungen drastisch erhöht. Diese statistisch belegbaren Veränderungen sind sehr bemerkenswert.

Ich habe Blutuntersuchungen an 4000 Patienten von jung bis alt durchgeführt, die auf der vom Staat vorgeschriebenen Messmethode mit ionisierter Strahlung beruhen.

Die Verminderung der Leukozyten war bei den Kleinkindern, besonders bei Babys, auffallend. Während des Jahres vor 2012 trat es häufig im Gebiet im Osten Tokyos bis Katsushika auf, das als Hotspot bekannt war. Danach erfasste das Symptom auch das Gebiet um Musashino und breitete sich dann überall gleichsam im Großraum Tokyo aus.

Die allgemeine medizinische Diskussion konzentrierte sich fast immer auf die Problematik des Schilddrüsenkrebs in Fukushima, aber das ist nicht alles.

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Die Abnahme und Veränderung der Struktur der Leukozyten, verschiedene individuelle Beschwerden, veränderte Verläufe der Infektionskrankheiten, erschwerte Diagnostizierung, schlechte Reaktion auf die herkömmlichen Therapien: Dies alles sollte gut analysiert und diskutiert werden.

Nach meiner Beobachtung ist der gesundheitliche Schaden der Bewohner im Zentrum Tokyos offensichtlich; es ist sogar viel ernstzunehmender als bei den Bewohnern im Norden des Großraums Tokyo oder sogar im nicht stark kontaminierten Gebieten von Fukushima.

2. Was bedeutet „neuer Hibakusha“?

Es gibt Unterschiede in den persönlichen Symptomen, aber trotz solcher Differenzen müsste sich jeder Bewohner in Ost-Japan als Betroffener sehen, daher schlage ich den Begriff von „neuer Hibakusha“ vor. Wir, die 2011 durch das Reaktorunglück des Fukushima Daichi Radioaktivität ausgesetzt wurden, sollten uns als neue Hibakusha, als Hibakusha im 21.Jh. verstehen. Wir sind Nachfolger der Strahlenopfern von Hiroshima, Nagasaki, Bikini-Atoll, Tschernobyl und des Golfkriegs, aber auch von Militär und der Atomwirtschaft. Wir müssen uns um die eigene Gesundheit kümmern und Therapeuten dürfen nicht vergessen, dass herkömmliches medizinisches Wissen nicht mehr ausreichen könnte.

Es gibt für den Fukushima-GAU noch keine Aussicht auf Liquidation, und nach Aussage der japanischen Atomenergiekommission wurde im Jahre 2017 immer noch Radioaktivität auch im Großraum Tokyo in Niederschlägen und im Trinkwasser festgestellt.

Die „Neuen Hibakusha“ haben eine andere Voraussetzung als die in der Vergangenheit, weil sie zwar einer niedrigen, aber langfristigen Strahlenbelastung ausgesetzt wurden. Wir müssen die vorangegangene Studie nach Tschernobyl selbstverständlich respektieren, aber sollten auch nicht ausschließen, dass wir auf ganz andere gesundheitliche Schäden stoßen könnten.

3. Was ist „das Symptom der verminderten Leistungsfähigkeit“?

Seit 2016 nehmen diese Symptome rapide und im stärkeren Grad zu, die das Leben der „neuen Hibakusha“ beeinträchtiten.

Verschlechterte Gedächtnisleistung: Man kann schwerer lernen, Termine nicht einhalten und ohne Notizen nicht arbeiten.

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Schnelle Ermüdung: Man kann mit seinen Kollegen nicht Schritt halten, nicht lange gehen, hat keine Kraft für lange Arbeit, ist einfach müde. Aufgrund starker Müdigkeit kann man ein paar Tage nicht zur Arbeit gehen, kann Dinge nicht erledigen, die man früher konnte, ist immer gereizt und hat schlechte Laune. Schlafmangel führt zu Fieber (besonders oft bei Kleinkindern)

Verminderung der Konzentrationsfähigkeit, Entschlusskraft und des Verstandes: Man kann Zusammenhänge schlechter verstehen, es passieren viele Fehler, alles ist lästig, man kann keine Zeitungen und Bücher lesen, hat keinen Plan für Durchführungen, man ist unvorsichtig und hat Motivationsverlust. In der Schule werden die Noten schlechter, Schulleistungen werden schlechter, man kann nicht so schnell denken und keine Hausaufgabe zu Ende führen.

Unkontrollierbare Müdigkeit: Man schläft ohnmächtig ein. Ein Kind kommt von der Schule und schon am Hauseingang schläft es ein. Unbewusst macht man einen Mittagsschlaf der bis zum Abend andauern kann. Kurzes Einnicken beim Autofahren. Man schläft bei der Arbeit ein und wird gekündigt.

Bei den Hibakusha in Hiroshima und Nagasaki wurden solche Symptome auch beobachtet, und der Ehrenprofessor Masao Tsuzuki von der Universität Tokyo nannte die Symptome „Die chronischen Nachwirkungen nach der Atombombenexplosion“ und Dr. Shuntaro Hida nannte sie „Keine Lust-Krankheit aufgrund der Atombombe“. Auch die Hibakusha aus Bikini-Atoll, aus Tschernobyl sowie die Beschäftigten der Atomindustrie leiden dauernd unter den oben genannten Beschwerden. Ich möchte heute das Phänomen „die verminderte Leistungsfähigkeit“ von „neuen Hibakusha“ nennen.

Als klinischer Arzt stoße ich bei den täglichen medizinischen Untersuchungen und Behandlungen häufig auf folgende Probleme: Erschwerte Diagnose einer Erkrankung aufgrund eines atypischen Verlaufs, Gefahr einer falschen Diagnose aufgrund des Fehlens eines typischen Symptoms im Verlauf einer Erkrankung, Mangel an Blutwerten und Fälle, bei denen die Reaktion auf die Therapie schlecht ist.

Verschlechterung der Abwehrkraft gegenüber Krankheitserregern: Man ist anfällig für Krankheiten, die Abwehrkraft des Organismus nimmt ab oder sie ist verzögert, die bei Infektionen übliche Vermehrung der Leukozyten tritt nicht ein; oder die Reaktion auf eine Therapie braucht mehr Zeit. Wenn der Organismus nicht rechtzeitig reagiert, kann es zu Infektionen von tieferen Organen führen, die dann zu einer Sepsis und dann zum Tode führen kann.

Verminderte Heilungskraft von verletztem Gewebe: Harmlose Verletzungen oder eine Entzündung der Haut heilen schlecht oder häufigere Phlegmonen.

3-4 Jahre nach dem Unglück beobachte ich eine rapide Zunahme dieses Symptoms der „Reduzierten Leistungsfähigkeit“, was mir eine große Sorge bereitet.

4. Ursache der „verminderten Leistungsfähigkeit“

Oft können diese problematischen Symptome durch einen Umzug von Ost- nach Westjapan oder eine Kur in Westjapan deutlich gelindert werden, und viele „Hibakusha“ erlebten nach Rückkehr in die Heimat in Ostjapan einen Rückfall.

Bis jetzt konnte noch nicht bewiesen werden, dass eine radioaktive Exposition die einzige Ursache der „verminderten Leistungsfähigkeit“ ist, aber diese Symptome ähneln stark denen der Hibakusha nach der Explosion von Atombomben. Aus dieser Tatsache schließen wir, dass die radioaktive Exposition sicher eine zentrale Rolle bei den Ursachen spielt.

Bei der Überempfindlichkeit auf chemische Substanzen, was in den 1980er Jahren in den Fokus gerückt ist, wird von ähnlichen Fällen berichtet. Daher kann die „verminderte Leistungsfähigkeit“ zum Teil als eine Art Überempfindlichkeit auf chemische Substanzen gedeutet werden. Aber eine andere Möglichkeit ist, dass durch radioaktive Disposition eine veränderte Empfindlichkeit im Körper ausgelöst wurde, was dann diese Überempfindlichkeit auf chemische Substanzen zur Folge hat.

Es gibt nicht viele Beispiele, aber nach dem Einsatz von MRT beispielsweise wurde bis jetzt keine klare krankhafte Veränderung am zentralen Nervensystem gefunden und auch die Prüfung der kognitiven Funktion blieb innerhalb des Normalbereichs.

Auch bei den oft diskutierten Schilddrüsenhormonen, blieb das Niveau im Normbereich, also absolut keine Veränderung.

Seit März 2017 habe ich bei etwa 100 Patienten mit Symptomen der „verminderten Leistungsfähigkeit“ eine Untersuchung der Hypophysen - und Nebennierenrindenhormone durchgeführt. Patienten, die sich zwar schlecht fühlten, aber trotz der Beeinträchtigung einigermaßen wie gewohnt leben konnten, wiesen ein Hormonniveau auf, das sich am unteren Normbereich lag. Gemessen an Gesunden (im mittleren Normbereich) wiesen ihre Werte deutlich eine Tendenz nach unten auf. Dass diese relative Verminderung des Hypophysen- und Nebennierenrindenhormons eine große Rolle bei dem Symptom der „verminderten Leistungsfähigkeit“ spielen könnte, gilt als gesichert aus der Tatsache, dass sich die Lebensfähigkeit deutlich erholt durch die später aufgeführten Therapie.

5. Behandlung der Patienten mit „verminderter Leistungsfähigkeit“

Da bis jetzt keine eindeutige medizinische Diagnose für solche Symptome existierte, gab es dafür auch keine aktive Behandlungsmethode, nur Empfehlungen wie: „Solche Patienten sollen nur sehr vorsichtig behandelt werden, als ob sie Behälter mit Rissen wären“ (Tsuzuki) oder „Die Patienten sollten niemals zu viel arbeiten, immer genug Pausen einlegen und früh zu Bett gehen.“ (Tsuzuki). Sicherlich sind solche Empfehlungen gewissermaßen gültig.

Ab 2016 (fünf Jahre nach der Disposition) sind die Fälle mit den Symptomen der „verminderten Leistungsfähigkeit“ öfter aufgetreten und auch schwerwiegender, so dass es Einflüsse auf ihren Lebensrhythmus (Besuch der Schule oder Arbeit) gibt. Somit lässt sich diese Problematik mit dieser Empfehlung allein nicht lösen.

Der relative Mangel des Nebennierenhormons kann durch orale Gabe bis in den normalen Bereich ausgeglichen werden. Im April 2017 fing ich mit dieser Therapie an, so konnten 70 bis 80 % der Patienten die alten „Fähigkeiten“ wiedererlangen.

Die Empfindungen der Patienten nach der Behandlung: „Die Müdigkeit ist weg“. „Der Nebel ist geklärt“. „Ich kann so viel arbeiten wie früher“. „Man sagt mir, dass ich so fröhlich bin wie früher“. „Man sagte mir, dass ich jünger aussehe“. „Meine Stimmung ist positiver geworden“. „Ich kann ohne Problem etwas verstehen“. „Mein Denkvermögen ist von 30% auf 80% gestiegen“. „Hausaufgaben kann ich sofort erledigen“. „Die Unruhe ist weg“. „Jetzt kann ich ohne Angst Auto fahren“. „Der Blick ist nicht mehr getrübt“.

Der relative Mangel der Hypophysen- und Nebennierenhormone wird durch vorsichtige Gabe ausgeglichen und die Leistungsfähigkeit lässt sich verbessern. Nach einiger Zeit der Therapie verschlechtert sich aber die Lage, wenn man die Medikation absetzt oder pausiert. Deshalb ist es angebracht, die Therapie mit vorsichtiger Dosierung fortzusetzen, um Nebenwirkung zu vermeiden.

Manche Patienten leiden unter starker Dysautonomie, die nicht klar von den Symptomen der verminderten Leistungsfähigkeit zu unterscheiden ist und können auch eine Überempfindlichkeit bei chemischen Stoffen haben (die früher schon vorhandene Überempfindlichkeit kann sich verstärkt haben), so dass die Empfehlung, chemische Stoffe zu vermeiden, oft Wirkung zeigt. Auch Behandlung mit traditionell chinesischer Medizin kann bei Hormonmangel wirken.

6. An die neuen Hibakusha

Ich bitte diejenigen Menschen, die seit 2011 in Ostjapan wohnten bzw. immer noch dort wohnen, darum, sich selbst als neue Hibakusha zu betrachten und auf gesundheitliche Veränderungen, oder Erkrankungen genau zu achten. Bitte, die Ursache solcher Symptome nicht einfach als Alterserscheinungen anzusehen, sondern prüfen, ob die hier beschriebenen Symptome vielleicht auf Sie zutreffen.

In Tschernobyl denken noch viele Leute, diese Symptome seien altersbedingt.

Was mir am meisten Sorgen bereitet, ist die reduzierte Abwehrkraft der Patienten bei Infektionen. Auch wenn die gesundheitliche Untersuchung keine schwerwiegende Erkrankung anzeigt und Ihr Arzt daher nur einer leichte Erkrankung bzw. Gesundheit diagnostiziert, sollten Sie hartnäckig auf weitere Untersuchung bestehen, solange Sie sich schlecht fühlen. Denn bei „verminderter Leistungsfähigkeit“ nimmt die körperliche Abwehrkraft ab, so dass die Untersuchungsdaten schlechter eine Abweichung von der Norm anzeigen. Es könnte sich in der Tat um eine schwerwiegende Erkrankung handeln.

7. An die Therapeuten, insbesondere praktizierende Ärzte

Bitte denken Sie auch an die Möglichkeit der „verminderten Leistungsfähigkeit“, wenn bei Ihrem Patienten Symptome, Daten Ihrer Untersuchung Widersprüche ergeben, wenn eine Diagnose schwierig ist, oder wenn die Behandlungen keine Wirkung zeigen. Die Abnahme der Leukozyten (geringe Abwehrkraft) könnte eher eine Verschlechterung der Erkrankung anzeigen als eine Zunahme (Zunahme der Abwehrkraft).

Viele Patienten haben verminderte Cortisolspiegel, daher kann dessen Ergänzung eine Besserung bringen. Wenn die als natürlich geglaubte Selbstheilungskräfte geschwächt sind, muss man bei der Behandlung andere Methoden anwenden.

Überlebensdauer nach Erkrankung an Magen- und Lungenkrebs vor und nach dem Tschernobyl-Unglück (1986). (Schtomyr, Ukraine)

Verbleibende Lebensdauer nach Diagnose (Monate)

Jahr                                       Magenkrebs                                          Lungenkrebs

1984                                       62                                                          38
1985                                       57                                                          42


1992                                     15,5                                                           8,0
1993                                     11,0                                                           5,6
1994                                       7,5                                                           7,6
1995                                       7,2                                                           5,2
1996                                       2,3                                                           2,0

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Es gibt eine Studie aus der Ukraine über die Überlebensdauer der Patienten mit Magen- oder Lungenkrebs. Die Dauer betrug vor dem Reaktorunfall in Tschernobyl etwa 50 Monate, zehn Jahre danach war der Lebensdauer auf 2 Monate reduziert. Das ist wissenswert.

8. Ein weiterer Aspekt der „Neuen Hibakusha“

In den letzten drei Jahren gibt es auch in Westjapan Klagen über die verminderte Leistungsfähigkeit: Starke Müdigkeit, vermehrte Anfälligkeit für Krankheiten, rapides Altern, als härter empfundene Arbeit, starke Vergesslichkeit etc. Auch verstärkte Überempfindlichkeit gegenüber chemischen Stoffen oder elektromagnetischen Wellen ist festzustellen. Ich hatte einmal ein Kind mit solchen Beschwerden, das aber als Tourist aus den USA kam. Die niedrige radioaktive Exposition ist nicht nur in ganz Japan, sondern global verbreitet, und ich habe den Eindruck, dass anfällige Menschen, Behinderte und schwer heilbare Patienten nach 2011 stark von Strahleneinwirkung betroffen sind.

Bei den neuen Hibakusha können noch andere Symptome als verminderte Leistungsfähigkeit vorkommen. Die Abwehrkraft kann nicht nur sinken, sondern auch verrückt spielen. Phänomene wie Zunahme der Autoimmunkrankheiten, Verschlechterung der Allergien oder vermehrte Anaphylaxie - Fälle sind besorgniserregend.

9. Schlussfolgerung

Der Ehrenprofessor Masao Tsuzuki von der Universität Tokyo hat die Hibakusha aus Hiroshima und Nagasaki und auch Betroffene von Bikini-Atoll medizinisch behandelt und 1954 ein Buch mit dem Titel „Über chronische Symptome nach der Atombombenexplosion“ veröffentlicht. Am Ende dieses Buchs schreibt er wie folgt: „Aus Sicht eines praktizierenden Arztes (abgekürzt), wenn er irgendeine Abnormität bei den chronisch strahlenkranken Menschen feststellt, unabhängig davon, ob es sich um individuellen oder fachlich diagnostizierte Leiden handelt, soll er alles in seiner Möglichkeit stehende zu deren Behandlungen unternehmen. Das liegt im Verantwortungsbereich eines Arztes. Wir können solche Fälle nicht ignorieren, nur weil es wissenschaftlich nicht lösbar ist. Ich bin sicher, dass Ärzte, die mit den Patienten sowohl Freude als auch Leiden teilen, werden meine Meinung teilen.

Ich teile seine Ansicht vollkommen und möchte den Begriff der „neuen Hibakusha“ mehr als 60 Jahre nach seiner Veröffentlichung einführen. 28.Februar 2018

Seite 163 Ich bin gegen die Veranstaltung der Olympischen Spiele in Tokyo 2020

Japan steht nach dem verheerenden Erdbeben und Reaktorunglück in Ostjapan immer noch unter dem atomaren Ausnahmezustand. Und die auch radioaktiv kontaminierte japanische Hauptstadt Tokyo kandidierte für die nächsten Olympischen Spielen, was das IOC bewilligt hat.

Das bedeutet, dass die Veranstalter (das japanische Olympische Komitee, die Stadt Tokyo und das Land Japan) in die Spiele als Businessevent investieren wollen, Sonderbedarf vortäuschen, kurzfristige ökonomische Effekte vorziehen. Die Welt hat entschieden, dass dabei außer Acht gelassen wird, dass teilnehmende Athleten, alle Beteiligten und Zuschauer den Strahlen ausgesetzt werden und beide Augen vor den möglichen gesundheitlichen Schäden zu verschließen.

Schon aus ethischen Gründen muss die Strahlenexposition der Besucher in Fukushima, Tokyo oder Ostjapan innerhalb der Veranstaltungen vermieden werden. Praktisch wird es so sein, dass in dem kurzen Zeitraum nur bedingte Beeinträchtigung geben wird. Ich habe mehr die Befürchtung, dass das Land im Moment eine Stimmung machende Kampagne betreibt, Sightseeing-Tour ins Katastrophengebiet organisiert, Lebensmittel/Baumaterial und Kinder missbraucht, um etwas „für“ das Katastrophengebiet zu unternehmen. Der Enthusiasmus des gutgläubigen Volkes im Westen Japans könnte dazu führen, dass das Risikobewusstsein gegenüber dem Strahlenunglück abnimmt und verminderter Schutzmechanismus breitmacht, das Bewusstsein sozusagen gelähmt ist.

17.April 2019