vom 3. Oktober 2013
Tetsu Kariya (übersetzt: Nozomi Ishizu, Etsuji Watanabe)
Am 3.10.2013 hat der Autor der Komikserie „Oishinbo“ einen offenen Brief an das Komitee der Internationalen Olympischen Spiele geschickt. In diesem Brief deckt er die Präsentation des Premierministers Abe, der behauptet hat, „es gäbe keinerlei Gefahren durch Verstrahlung“ als eine Lüge auf und stellt seine ablehnende Haltung gegen die Austragung der Olympischen Spiele in Tokyo selbst dar. Dieses Schreiben deutet offen auf die Gefahren durch Verstrahlung bei den Olympischen Spielen in Tokyo und auf die Täuschung und Lüge bei der Wahl des Austragungsortes Tokyo und auf die Rolle der Mittäterschaft des IOCs hin. Es handelt sich hierbei auf eine der frühsten Schriften dieser Art. Wir veröffentlichen den gesamten Text. Der Original findet sich im Blog des Autors.
Der offene Brief
Am 7.9.2013 trafen Sie (das IOC) die Entscheidung, dass Tokyo der Austragungsort der Olympischen Spiele 2020 sein soll. Es heißt, dass die Präsentation des Premiers Abe eine wichtige Rolle bei dieser Entscheidung gespielt haben soll. Er hat in seiner Präsentation folgendes behauptet:
„Zu Ihren Bedenken bezüglich Fukushima kann ich Ihnen garantieren. Die Situation ist unter Kontrolle. In Tokyo hat es niemals schlechte Einflüsse gegeben noch wird es welche geben.„
Das, was Premier Abe Ihnen bezüglich der Sicherheit des Fukushima AKW1 erzählt hat, ist nichts als eine Lüge. Ich werde Ihnen jedes seiner Argumente aufzählen und Ihnen beweisen, wie bösartig diese Lügen sind.
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bezüglich der von Ihnen aufgezählten Bedenken hat Herr Abe folgendes erzählt: Er behauptete, dass das radioaktiv verseuchte Wasser in dem 0,3 km Umkreis des Bucht von Fukushima „völlig abgeschirmt“ wird. erzählt: Er behauptete, dass das radioaktiv verseuchte Wasser in dem 0,3 km Umkreis des Bucht von Fukushima „völlig abgeschirmt“ wird.
Diese Lüge kann selbst ein 6-Jahre altes Kind durchschauen. Gibt es überhaupt eine Hafenbucht, die völlig vom Außenmeer abgeschottet wird? Sie sehen hier eine Aufnahme des Ministeriums des Landes, der Infrastruktur, des Transports und des Tourismus. Das zeigt offensichtlich die Irrelevanz der Behauptung Abes.
Das Hafenbecken vor dem AKW Fukushima 1 ist zum Meer hin geöffnet. Genauso, wie Schiffe dort einfahren können, kann das Wasser ein und aus gelangen. Das Schmutzwasser gelangt ungehindert ins offene Meer.
Außerdem hat TEPCO 18 Tage vor Abes Präsentation, am 21.8.2013, hierzu ein völlig widersprüchliches Statement abgegeben:
Nach dem Reaktorunglück am 11.3.2011 sei die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass das hoch radioaktiv verseuchte Wasser im unterirdischen Becken von Reaktor 2 und 3 direkt ins Meer gelangt ist. TEPCO (Tokyo Electric Power Corporation) schätzt die Menge des ins Meer gelangten radioaktiven Materials wie folgt ein: 1 x 1013 (100 Billion) Bq an Strontium 90 und 1013 an Cäsium 137. Die beiden zusammen genommen sind es 3 x 1013 Bq.
Bei normalem Betrieb beträgt die Standardabgabe ins Meer 22 x 1011.
Das heißt, seit dem März gelangten mehr als das 100-Fache dieses Standards ins Meer und es hält noch an.
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Herr Abe hat wie folgt behauptet: „Ich garantiere: Die Situation ist unter Kontrolle“.
Die Tatsachen zeigen, dass die Situation keineswegs „unter Kontrolle“ ist.
(a) nach der Veröffentlichung von TEPCO werden stündlich 1 x 107 Bq radioaktiven Materials freigesetzt. Auf einen Tag gerechnet sind es 24 x 108 Bq. Dieser Zustand hält heute noch an. Wie kann man unter solchen Umständen von „unter Kontrolle“ sprechen?
(b) Bis zum August 2013 hat TEPCO auf dem AKW Fukushima 1 ca. 1000 Tanks aufgestellt, um das hochkonzentrierte radioaktive Wasser aufzubewahren.
Diese Tanks (mit einem Volumen von 1000t, im Originaltext heißt es zwar Liter, der Autor aber vermutet, es handelt sich um m3 oder Tonne.) sind nicht fachgerecht verschweißt, sondern sind aus Stahlblechen hergestellt, die zum Zylinder gebogen und mit Schrauben festgehalten werden. Der Verantwortliche für die Tanks sagt, aber „Wir bekommen nur ein begrenztes Budget für die Tanks, so dass in kürzester Zeit die Tanks hergestellt und so die Kosten minimiert werden müssen. Diese Tanks sind nicht für längerfristige Aufbewahrung konzipiert“ (erschienen in Mainichi Shinbun am 25.8.2013).
Tatsächlich wird der Lebensdauer dieser Tanks auf maximal 3 Jahre geschätzt. Es handelt sich nur um einen „vorübergehenden“ Lösungsansatz.
Am 20.8.2013 gab TEPCO bekannt, dass aus einem der Tanks 300 Tonnen verschmutzten Wassers ausgetreten sei, das pro Liter 8 x 107 Bq, also insgesamt 2,4 x 1013 radioaktiven Materials enthielt.
Laut Herrn Hiroaki Koide von der Kyoto Universität entspricht diese Menge an Radioaktivität etwa der, die bei der Explosion der Atombombe in Hiroshima freigesetzt wurde (ausgegangen von der Menge des Strontiums). Das heißt, das jeder Tank das Dreifache der Radioaktivität der Bombe in Hiroshima enthält.
Diese Tanks sind sehr marode und das Gebiet um das AKW Fukushima 1 steht auf einem sehr instabilen Untergrund. Die Tanks sind auf einem unbefestigten Untergrund installiert.
Durch ein großes Erdbeben oder einen Taifun könnten die Tanks einfach zerstört werden.
Sollten nur einige dieser Tanks zerstört werden, so könnte niemand mehr das Grundstück des Fukushima Daiichi betreten. Das führt dazu, dass die Kühlung der Reaktoren nicht mehr gewährleistet ist und dass das Ganze außer Kontrolle gerät.
Das könnte also zu einer erneuten Pandemie führen, nicht nur für Japan, sondern für die ganze Welt.
Ich übertreibe nicht. Ich äußere nur meine Vermutungen. Diese beruhen auf den frei zugänglichen Informationen und jetzigen Realitäten.
Die Zahl der Tanks nimmt immer mehr zu. TEPCO muss, um die Reaktoren abzukühlen, immer mehr Meerwasser darauf gießen, wodurch immer mehr kontaminiertes Wasser entsteht. Wenn die Anlage zur Aufbereitung des Abwassers geschädigt wird und nicht mehr funktioniert, wird alle 2 1/2 Tage ein neuer Tank benötigt, um das kontaminierte Wasser aufzubewahren. Auch bei gewagtesten Prognosen kann man hier nicht von „unter Kontrolle“ sprechen.
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Herr Abe behauptete wie folgt: „Fukushima Daiichi kann und wird, auch wenn sich die Lage verschlechtert, keinen Einfluss auf Tokyo ausüben.“
(a) Edogawa (Edo bedeutet Tokyo) ist ein Fluss in Tokyo und bildet die Grenze zur Nachbarpräfektur Chiba. Er liefert nicht nur an Tokyo, sondern auch an Chiba wertvolles Trinkwasser.
Der Fluss hat eine beunruhigende Entwicklung. Nach der Untersuchung des Umweltamtes vom September bis November 2012 enthielt 1 kg Schlamm aus dem Flussbett des Edogawa über 100 Bq Radioaktivität. Am höchsten war die Probe aus dem Gebiet um Urayasubashi mit 2050 Bq/kg (bestehend aus radioaktivem Jod 131 und Cäsium 134/137). Diese Brücke ist nur 10 km von der Kläranlage Kanamachi entfernt, wo das Wasser aus dem Fluss entnommen wird.
Nach diesem Ergebnis behauptete die Umweltbehörde: „Der Fluss fließt von einer Quelle und das Wasser schirmt die Radioaktivität im Flussbett ab.“ Deshalb sei ein Einfluss „kaum denkbar“. Gibt es denn keine Einflüsse, wenn der Fluss durch starken Regen oder Taifun durchgewühlt wird?
(b) Am selben Tag, am 7.9.2013, als Herr Abe behauptet hat, Fukushima Daiichi habe keine Auswirkung auf Tokyo, veröffentlichte die Präfektur Chiba, dass in einem Aal, der im Edogawa gefangen wurde, 140 Bq/kg Radioaktivität enthielt. Daraufhin ordnete die Präfektur Chiba drei Fischereikooperative an, die Auslieferung an den Markt zu stoppen. Aale aus dem Edogawa gelten für Gourmets als Delikatessen. Das ist ein trauriger Fakt. Wie kann man behaupten, „das Reaktorunglück habe keinerlei Einfluss auf Tokyo“, wenn Edogawa schon in einem desolaten Zustand ist. (c) Nicht nur Gewässer sind von dieser Auswirkung betroffen. Im Osten Tokyos, im Bezirk Edogawa-Ku, wurden vielerorts 0,2 μSv/h Radioaktivität in der Luft gemessen. An manchen Orten sogar über 0,3 μSv/h.
Besonders hoch war die Radioaktivität um die Kläranlage Kanamachi. Sie betrug sogar über 0,45 μSv/h.
Der internationale Sicherheitsstandard des ICRP (International Comittee for Radioactive Prevention) beträgt 0,23 μSv/h (das ist das Verständnis der japanischen Regierung, zugrunde gelegt wurde die unwahrscheinliche Vermutung, dass man 16 Stunden am Tag 40 % den Strahlen ausgesetzt wird, im Freien 8 Stunden – Anmerkung des Übersetzers) und auf das Jahr hochgerechnet 1 mSv/y. Die Behauptung des Herrn Abe ist eindeutig eine Lüge. Tokyo hat schon Schaden genommen.
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Herr Abe behauptete weiterhin wie folgt: „Das Reaktorunglück habe keinerlei Probleme verursacht. Die Kontamination ist auf ein kleines Gebiet beschränkt und absolut isoliert.“
(a) Die Abbildung auf dieser Seite besagt mehr als Tausend Worte. Es handelt sich um eine „Kontaminationskarte“, die vom Professor Yukio Hayakawa von der Gunma- Uiversität erstellt wurde.
Die Kontamination ist nicht nur auf ein enges Gebiet begrenzt, sondern breitet sich auf ein breites Gebiet aus. Wie man hier klar erkennen kann, betrug die Radioaktivität in der Luft in Tokyo im September 2011 0,125 μSv/h. Vor dem Reaktorunglück des Fukushima Daiichi betrug dieser Wert ca. 0,02 μSv/h (vielleicht sollte man eher <0,034μSv/h sagen – Anmerkung des Übersetzers). Tokyo ist wohl kontaminiert.
(b) Es gibt da einen Bericht, der alle IOC - Mitglieder interessieren dürfte. Er wurde von einer Bürgergruppe erstellt, die in den für die Olympischen Spiele vorgesehenen Stadien die Radioaktivität in der Luft bestimmt hat. Sie können diese Seite auch auf Englisch oder Französisch lesen (http://olympicsokuteikai.web.fc2.com/).
Laut diesem Bericht beträgt die Radioaktivität in der Luft im Yumenoshima - Stadium, in dem die Pferdesportwettbewerbe stattfinden sollen, 0,48 μSv/h und ist somit das Vierfache des Sicherheitsstandards, der vom Internationalen Komitee für Strahlenvermeidung (ICRP) bestimmt wurde (der Sicherheitsstandard des ICRP ist 1 mSv/y und somit 0,114 μSv/h).
In den Sportzentren, in denen Handballspiele, Radrennen und Gewichtheben geplant sind, wurden überall ein Wert von 0,15 μSv/h gemessen. Diese übersteigen den Sicherheitsstandard des ICRP. Man kann also nicht behaupten, Tokyo sei nicht von der Kontamination betroffen.
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Herr Abe hat wie folgt argumentiert: „Ich kann Ihnen versichern: Es gab und wird in Zukunft keine gesundheitliche Probleme geben.“
(a) Das Meer außerhalb von Fukushima ist eins der fischreichsten Fanggebiete. Die Fische, die hier gefangen werden, sind zahlreich und hochqualitativ. Viele Fischer konnten von diesem Reichtum leben.
Nach dem Reaktorunglück des Fukushima Daiichi hat sich die Lage komplett verändert. Da die Fische in diesem Gebiet radioaktiv kontaminiert wurden, hat das Ministerium für Fischerei allen Fischereikooperativen die Auslieferung des Fangs verboten. Heute noch ist die Fischerei in Fukushima untersagt.
(b) Fukushima ist auch eine der wichtigsten Kornkammer (Reis) Japans. Nach dem Reaktorunglück wurde in der Reisernte aus mehreren Gebieten Fukushimas Radioaktivität ermittelt. Seitdem hat sich der Verbraucher vom Fukushima-Reis verabschiedet.
Nach dem Reaktorunglück hat die japanische Regierung den Reisanbau auf 7300 ha im Umkreis von 20 km um das AKW Fukushima Daiichi verboten (Vor dem Unglück wurde hier auf 80.000 ha Reis angebaut).
Dieses Jahr (2013) hat die Regierung auf 2.000 ha in diesem Gebiet wieder den Reisanbau freigegeben. Aber genutzt wurden nur 10% des Gebietes.
Die Verbraucher haben Angst und sind verunsichert und wollen keine landwirtschaftliche Produkte aus Fukushima zu kaufen. Dies beschränkt sich nicht nur auf Reis, sondern auch auf alle Produkte inklusive organischen Anbau und Molkereiprodukte. Was hat der organische Anbau für Vorteile, wenn die Produkte radioaktiv belastet sind?
Die Bevölkerung aus der Fischerei, Landwirtschaft und alle die damit zu tun haben, ist mit der größten Not konfrontiert. Diese Wirtschaftszweige sind lahmgelegt und den Leuten wurde die Lebensgrundlage geraubt. Dies basiert einzig und allein auf der einfachen Tatsache, dass radioaktiv kontaminiertes Lebensmittel für die Gesundheit gefährlich ist. Es ist in der Tat eine ernste Situation für die Gesundheit.
Zusammenfassend können wir sagen, dass die Behauptung von Herrn Abe, die er vor der Vollversammlung des IOC geäußert hat, nichts als eine Lüge ist.
Am 8.9.2013 hat die Nachrichtenseite im Internet, darunter auch „Asahi-Shimbun digital“, wie folgt berichtet: „Vor dem Komitee des IOC war die Rede und Antwort des Premiers Abe ausschlaggebend und hat alle Unklarheiten beseitigt“. Komiteemitglied Dick Pound sagte: „Die Leute haben sich diese Worte zu hören gewünscht und haben sie auch bekommen.“ „Abe hat ihnen die erwartete Antwort gegeben. Es war genau das, um sie matt zu setzen.“
Tokyo bekam mit 60 Stimmen gegen 36 für Istanbul den Vorrang für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2020. Das bedeutet, dass diese 60 IOC-Mitglieder genau das gedacht haben, wovon Dick Pound erzählt hat.
Diesen 60 Mitgliedern möchte ich folgendes fragen:
„Haben Sie nichts gewusst von der gefährlichen Situation nach dem Reaktorunglück des AKW Fukushima Daiichi? Wenn Sie davon nichts wussten, handeln Sie in völliger Verantwortungslosigkeit und vernachlässigen Ihr Amt als IOC-Mitglied.
Sie haben als IOC-Mitglied die Pflicht, alles Erdenkliche zu unternehmen, um alle Probleme der möglichen Austragungsorte zu erfahren. Die kritische Situation des AKW Fukushima kann gefährliche Auswirkung haben auf die Sportler und Zuschauer, die aus aller Welt nach Japan anreisen.
Wenn Sie davon gewusst haben und dennoch für Tokyo gestimmt haben, haben Sie vorsätzlich toleriert, dass mehrere Millionen Menschen in Gefahr geraten können. Sie sind Komplizen mit dem Premier Abe, der vor der ganzen Welt absichtlich gelogen hat.
Mitschuldig durch Amtsunterlassung und Verantwortungslosigkeit.
Mittäterschaft mit Shinzo Abe an Lügen.
An welcher Schuld sind Sie beteiligt?
Erläuterung der Karte
©Yukio Hayakawa
http://kipuka.blog70.fc2.com
Kontamination durch Reaktorunglück des AKW Fukushima Daiichi
Diese Karte zeigt die relative Radioaktivität der Orte, wo im März 2011 radioaktive Substanzen auf die Erde gefallen sind. Gemessen wurde im September 2011 1 m über der Erdoberfläche. Auf der Erde oder auf dem Asphalt wurde die Radioaktivität durch Wind und Regen ausgewaschen, diese sammelt sich aber in den Regenrinnen, Gräben und am Wegesrand, so dass hier höhere Radioaktivität gemessen wird.
Die Radioaktivität bezieht sich auf Cäsium 134 (Halbwertzeit: 2 Jahre) und Cäsium 137 (Halbwertzeit 30 Jahre). Die Strahlenwerte betragen 1 Jahr nach dem Unfall 78 %, nach 5 Jahren 37 %. Zum Zeitpunkt der Messung im September 2011 betrugen sie 88 %.
Einheit: μSv/h (Mikrosievert pro Stunde)
Übersetzung ursprünglich veröffentlicht auf lorem.club.
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