Sehnsucht wecken - Aufbruch wagen

3. Staffel dieser Reihe im Frühjahr 2022 - #fedikirche

KIRCHE WEITER DENKEN Sehnsucht wecken - Aufbruch wagen

Eine Reihe von 4 Abenden:

  • Wir haben es immer so gemacht. . . - Tradition und Institution
  • Die Mitte von allem: Konzentration auf Jesus-Nachfolge
  • Missional-inkarnatorisch: Vom ‚Jüngern‘
  • Fang an zu leben: Die Kirche als lebendes System

Erster Abend: Wir haben es immer so gemacht… - Tradition und Institution

Wir lassen uns von Lothar Zenetti mit dem bekannten Text „Inkonsequent” einstimmen:

Frag 100 Katholiken: Was ist das Wichtigste an der Kirche? Und sie werden dir sagen: Die Messe.

Frag 100 Katholiken: Was ist das Wichtigste an der Messe? Und sie werden dir sagen: Die Wandlung.

Sag 100 Katholiken: Das Wichtigste an der Kirche ist die Wandlung. Und sie werden sich empört abwenden.

Die beiden Stichworte: Tradition und Institution werden uns heute sensibilisieren für unseren gemeinsamen Weg des Weiter - Denkens. Weil Kirche ja auch etwas ist, was sich im Glauben erschließt, steht am Anfang des Abends ein Gebet.

Ein Text von Huub Oosterhuis, den Lothar Zenetti übertragen hat, kann uns dabei leiten:

Den Refrain von Barbara Kohlberg beten wir gemeinsam: Auf unserem Weg durch das Leben finden wir Rast in deinem Haus. In deinen Mauern sind wir geborgen, an deinem Tisch sind wir zu Gast. Herr, bei dir ist die Quelle des Lebens, du bist unsres Lebens Quell.

  1. Dach überm Kopf, Menschen zu bergen, Tür, die zur Stille offen steht. Mauern wie Haut, Fenster wie Augen spähen und hoffen auf den Tag. Haus, das lebendig wird wie ein Leib, wenn wir nach innen gehn, um recht vor Gott zu stehn. Refrain gesprochen

  2. Worte von fern, fallende Sterne, Funken, vor Zeiten ausgesät. Namen für ihn, Träume, Signale, tief aus der Welt zu uns geweht. Münder aus Erde hören und sehn und sprechen neu das Wort von Gott, der uns befreit. Refrain gesprochen

  3. Tisch, der vereint, Brot soll uns zeigen, dass wir einander zugehörn. Wunder von Gott, Menschen in Frieden, altes Geheimnis neu erkannt. Brechen und Teilen, Sein im Vergehn, das Undenkbare tun: Sterben und Auferstehn. Refrain gesprochen

Altes Geheimnis neu erkannt

Dieses Erkennen bezeichnen wir in unserer religiösen Sprache als #Offenbarung. Das Christentum geht in seiner Vorstellung von Offenbarung davon aus, dass diese sich in Jesus Christus ereignet hat. Also, Gott verkehrt menschlich als Mensch unter Menschen und zeigt etwas von sich selber. Diese Offenbarung zeigt sich in der Bibel und der #Tradition nennt. Tradition ist ein sehr vielschichtiger Begriff, den man gar nicht so genau eingrenzen kann. … Tradition ist das, was eine Gegenwart an der Vergangenheit als bewahrenswert und wichtig für sich selber erachtet. Und was das genau ist, das ist zu unterschiedlichen Zeiten anderes.Insofern ist Tradition immer eine innovative Angelegenheit… (so äußert sich Prof. Seewald in einem Interview vom DLF)

Wir haben es immer so gemacht… - Tradition und Institution, wenn wir uns dieser innovativen Angelegenheit der Tradition zuwenden, lohnt sich zuerst eine Klärung zum Umgang mit Kirchenbildern. Die Vorstellungen eines Kirchenbilds, eines mentalen Modells, baut auf einem Modellbegriff auf. Hilfreich sind dabei Gedanken von A. Dulles, einem Konzilstheologen. In seinem Buch „Models of the church” setzt er theologisches und naturwissenschaftlichen Denken in Beziehung: Modelle sind kritisch reflektierte Bilder, die das Verständnis der Wirklichkeit vertiefen. Da die #Theologie (das Sprechen von Gott) sich auf die letzte Ebene des religiösen Geheimnisses fokussiert, hilft es, religiöse Sprache und Symbole als Modelle zu verstehen. Dieses Geheimnis ist noch weniger zugänglich als das Geheimnis der physischen Welt. Und so können alle Modelle, noch stärker als naturwissenschaftliche Konzepte nur das Objekt der Reflexion annähern…

Das Gebot, Du sollst Dir kein Bildnis machen - gehört in diesen Kontext. … und die Erkenntnis der negativen Theologie.

Gleichzeitig gibt Dulles folgenden Hinweis in seinem Buch: was eine größere Gruppe von Christgläubigen über eine längere Zeitperiode geglaubt hat, sollte angenommen werden, es sei denn es gibt ernsthafte Gründe es zu hinterfragen. Selbst wenn man zum Schluss kommt, die Aussage war falsch, sollte man die Anstrengung unternehmen, die positiven Gründe herauszufinden, die dazu führten, dass Menschen den Irrtum annahmen, und so in der Häresie das Körnchen Wahrheit zu finden.

Ein Beispiel für ein #Kirchenbild, welches ernsthaft hinterfragt wird, ist Kirche als vollkommene Institution.

Das Vatikanum II hat die Vorstellung vom pilgernden Gottesvolk als Option gewählt und sich bewusst von ein institutionellen Vorstellung verabschiedet.

Der Konzilstheologen A. Dulles weist auf einige Kriterien hin, die helfen können, innovativ Tradition zu gestalten: Tragfähige Kirchenbilder / -vorstellungen / -modelle sind

  1. gegründet in der Bibel und der christlichen Tradition
  2. ermöglichen eine gemeinschaftliche Identität und Sendung
  3. entsprechen dem religiösen Lebensgefühl der Zeit
  4. stärken Tugende und Werte, die Christen auszeichnen
  5. fördern die Kommunikation in der Theologie / im Alltag (zu Kirchenfremden)

Fragen zum Austausch:

  • Welche Kirchenbilder sind mir wichtig?
  • Welche Werte / Tugenden werden so bestärkt?
  • Welchem religiösen Lebensgefühl heute wird entsprochen?

Seenotrettungsstation - eine Gleichnisgeschichte zur Verhärtung einer Institution

An einer gefährlichen Küste kamen immer wieder Schiffe in Seenot und gingen unter. Lange Zeit sammelten die Anwohner das Treibgut zum Aufbessern ihres Lebensunterhaltes bis nach einer größeren Katastrophe ein paar Leute eine Rettungsstation für Schiffbrüchige aufmachten. Mit ihrem einzigen Boot wagte sich die kleine Mannschaft Tag und Nacht aufs Meer, um Schiffbrüchige zu retten. In kurzer Zeit war diese Station überall bekannt. Viele der Geretteten und auch weitere Leute aus der Umgebung waren gern bereit, die armselige Station finanziell zu unterstützen. Die Zahl der Gönner wuchs und wuchs. Mit dem gespendeten Geld wurde die Station großzügig ausgebaut und wurde allmählich zu einem beliebten Aufenthaltsort, das den Männern als eine Art Klubhaus diente.

Bei manchen Stürmen geschah es, dass sich Männer weigerten, auszufahren und Schiffbrüchige zu retten. Es entstand sogar die Idee, den Rettungsdienst einzustellen, weil er unangenehm und dem normalen Klubbetrieb hinderlich sei. Ein paar Mutige, die den Standpunkt vertraten, dass Lebensrettung ihre vorrangige Aufgabe sei, begannen, in der Nähe mit geringen Mitteln eine neue Rettungsstation aufzubauen. Aber auch sie erfuhr nach einiger Zeit dasselbe Schicksal: Ihr guter Ruf verbreitete sich schnell, es gab neue Gönner, und es entstand ein neues Klubhaus. So gründeten ein paar Mutige eine dritte Rettungsstation, mit dem gleichen Schicksal.

Wer heute längs der Uferstraße dieser Küste entlang fährt, findet eine beträchtliche Reihe exklusiver Klubs. Immer noch wird die Küste vielen Schiffen zum Verhängnis; nur - die meisten Schiffbrüchigen ertrinken.

Modell von #Saarinen zum Lebenszyklus einer Gemeinde

Modell zum Lebenszyklus von Gemeinde von Saarinen

Wie begegnet man dieser Tendenz - es gibt eine Ambivalenz von Erneuerung und Entwicklung - so auch zu beobachten an der Geschichte des Unterstützungssystems AGE, der Arbeitsgemeinschaft Gemeindeerneuerung / Gemeindeentwicklung der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

Eine Beobachtung der Völkerkunde / Ethnologie

Es gibt Vollzüge, die eine starke Gemeinschaft ermöglichen, und dadurch Beziehungen schaffen, die Menschen oft ihr ganzes Leben begleiten. Diese Vollzüge ereignen sich in Zeiten des Übergangs, z.B. beim Studien- beginn, dem Beginn einer Ausbildung, von Exerzitien, … Sie zeichnen sich durch bestimmte Eigenschaften aus, die in Übergangsriten bewusst eingesetzt werden.

Victor Turner hat in seinem Buch „The ritual process” dazu einiges aufgeführt, was auch schon im Umfeld der letzten Reihe von „Kirche weiter denken” zu Wort kam.

Als eine Art „Gegengewicht” zu der Verhärtung von Struktur gibt es in archaischen Kulturen für die Heranwachsenden Zeiten der „Antistructure” wie es Turner nennt, bzw. der #Communitas

Pascha-Mysterium - Altes Geheimnis neu erkannt

Ein Schlüsselbegriff im Gottesdienstverständnis des Vat II ist das #Pascha-Mysterium, das Geheimnis des Leidens, Tod und Auferstehung Jesu Christi sowie seiner Himmelfahrt und der Vergegenwärtigung in der #Liturgie „Dem Werk des Volkes”.

Liturgie und das Leben aus dem Glauben in der Nachfolge Jesu hat viele Bezüge zu dem, was Turner als Communitas bezeichnet.

Er weist in seinen Ausführung auch darauf hin, dass in archaischen Kulturen, die er untersucht hat, diese Zeiten der Communitas beschränkt sind. Während die Hochreligionen, also nicht nur das Christentum, versuchen, diese Erfahrungsdimension zu verstetigen.

Austausch zu, was hat mir geholfen, Seiten von Communitas zu erfahren, also u.a. Erfahrungen im Miteinander von: Gleichheit, kein Status, keine Rangunterschiede, Demut, Gleichgültigkeit gegenüber der äußeren Erscheinung, Selbstlosigkeit, Heiligkeit, Annehmen von Schmerz und Leiden, Einfachheit, . . .

Anfragen für die kommenden Abende

Die Geschichte von der Seenotrettungsstation zeigt ja, es gibt in Leben der Menschen, der Gesellschaft, ein Gefälle in Richtung Institution. Also Rangunterschiede entstehen wie von selbst durch Streben nach Sta- tus, nach Ansehen in der Gruppe. Z.B führt eine offzielle Anerkennung eines Dienstes als Amt dazu, dies als etwas Besonderes anzustreben. Das Charisma, als Gabe Gottes, tritt dann mehr in den Hintergrund. Gleichzeitig ist eine verhärtete Institution wie tot, d.h. strahlt kein Leben mehr aus, verliert die eigene Zukunft.

Wie ist lebendige Kirche möglich?

Dieses Interesse hat Alan Hirsch zu seinen Nachforschungen geführt. Insbesondere die Beobachtung, dass die institutionelle Struktur manches stützen und fördern kann, gleichzeitig der beständigen Reform bedarf. Manches ist vermutlich eher ohne solche Struktur möglich.

Wir haben es immer so gemacht… - Tradition und Institution - Je nach Blickrichtung zeigt sich das „Machen” anders.

Folgende Frage kann den Horizont für die nächsten Abende öffnen:

Wie viele Christen gab es im Jahr 100 n. Chr.?

Wie viele Christen, kurz bevor Konstantin Kaiser wurde, also 310 n. Chr.?

Dies sind die Antworten:

100 n. Chr.: mindestens 25 Tsd Christen - 310 n. Chr.: bis zu 20 Mio Christen

Wie hat die frühe Kirche dieses Wachstum in 200 Jahren geschafft? Im 20. Jh gab es in der Untergrundkirche Chinas eine ähnliche Entwicklung. Christen wurden im Umfeld der Kulturrevolution grausam verfolgt, gleichzeitig wuchs ihre Zahl von 2 Mio auf 80 Mio, Tendenz weiter steil steigend. Erneuerungsimpulse hat es in den Jahrhunderten immer wieder gegeben, für uns in Deutschland besonders bewusst, die Reformation mit der Entwicklung von 2 Großkirchen, da natürlich die Institution diese Impulse aufgreift - aufgreifen muss, um am Leben zu bleiben.

Zweiter Abend: Jesus in die Mitte stellen

Im Matthäusevangelium Kapitel 11 wird uns eine Einladung Jesu überliefert, die immer wieder bedenkenswert ist: Jesus sagt: Kommt zu mir, die ihr mühselig und beladen seid. Kommt zu mir und ich gebe euch Ruh’. Nehmt mein Joch und lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig. So werdet ihr finden Ruhe für eure Seelen, denn mein Joch ist sanft, und meine Bürde ist leicht.

So bringt das Evangelium eine Einladung ins Wort, der Offenbarung, die sich in Jesus Christus ereignet hat, im eigenen Leben Raum und Bedeutung zu geben. Als Christen glauben wir, Gott verkehrt mit uns in seinem Sohn menschlich als Mensch unter Menschen und zeigt etwas von sich selber. Das wird ja an Gründonnerstag mit dem letzten Abendmahl besonders sichtbar. Christen erinnern sich an seinen Auftrag, ,,Tut dies zu meinem Gedächnis.‘’ Sie erinnern sich daran, dass Jesus mit den Menschen das Brot geteilt hat, sich ihnen als Brot des Lebens geschenkt. Das Wort Kumpan kann auf diese Beziehung hinweisen, der Wortsteil pan hat einen Bezug zum lateinischen Wort für Brot, panis.

Das Joch Jesu ist eine Weise, vom Reich Gottes zu sprechen. Wer so vom Reich Gottes spricht, weiß, Gott trägt in Jesus mit an der Aufgabe, die es bedeutet, den Willen Gottes zu tun. Das Reich Gottes als ein Bereich des Lebens, der unter uns schon angebrochen ist, der gleichzeitig nicht so leicht zu greifen ist, wird so konkret.

Wir können dieses Joch Jesu aufnehmen, wie man ein Tragholz aufnimmt. Konkretisieren wir dies nun auf unsere Abende:

  • Wie trägt Jesus in Fragen unserer Zeit mit?
  • Welche Bürde mutet er uns zu?
  • Was können wir von ihm lernen?

Austauschrunde: Welche Überlieferungen aus den Evangelien sind mir dazu gegenwärtig und wichtig?

Dieser Einladung zu folgen, also den Ruf Jesu in seine Nähe anzunehmen, ist im Grunde das Anliegen, welches mit der Taufe ins Leben eines Menschen kommt. Dies wird in unserer Tradition in der Firmung noch einmal bewusster. So hat Prof. Paul Zulehner bei einer Dekanatskonferenz in Böblingen 2018 davon erzählt, wie er einen Jugendlichen auf die Firmung vorbereitet.

Diese Person bekam folgende Challenge:

  • Kann ich auf einem Bein stehend einer 17ährigen ostdeutschen Atheistin erklären: ,,Was war Jesu Vision für seine Bewegung?“
  • ,,Bin ich wild entschlossen“, mich dieser Bewegung anzuschließen?

Paul Zulehner spricht von der Notwendigkeit einer Entscheidung.

Es gibt — so die Erfahrung der Christenheit — die persönliche Entscheidung für die Jesus-Nachfolge. Biblische Bilder dazu:

  • Christus anziehen.
  • Einer alten Lebensweise sterben.
  • Neue Schöpfung werden.

Diese Entscheidung verändert das innere Werteverständnis. Die Challenge heißt, auf einem Bein stehend, also gibt es nicht unbegrenzt Zeit für diese Aussage und das Erklären – das Zeugnis. Eine wichtige Eigenschaft für die Glaubenskommunikation. Alan Hirsch bezieht sich in seinen Überlegungen dabei auf einen Begriff Meme, der aus der Soziologie stammt. Richard Dawkin beschreibt damit das Verbreiten kultureller Informationen von Person zu Person bis die schließlich populär sind. In diesem Sinn spricht man heute ja auch von der DNA einer Initiative, einer Bewegung. Memes ähneln den Genen in der Evolutionsgeschichte. Es wird inhaltlich untersucht und nur dann weitergegeben, wenn es sich bewährt und eine hohe Qualität hat. Dafür ist wichtig, dass der Inhalt einfach ist. Nur dann wird sich diese Gedankengut schnell verbreiten. Jesus ist HERR - zentrales Meme der Christen. Wir geben IHM die Autorität über unser Leben, lassen uns so befreien von anderen Ansprüchen aus der Gesellschaft.

In seinem Buch ,,What return can I make?‘’ weist der Autor S. Peck darauf hin, dass dieser Schritt für einen erwachsenen Menschen eine echte Herausforderung ist. Es kränkt unser Autonomiebedürfnis. Lieber wollen wir alles selber bestimmen können. Interessanter Weise fällt es manchen Menschen leichter, diesen Schritt zu vollziehen. Dies zeigt das 12-Schritte Programm der Anonymen Alkoholiker, in dem es heißt:

  1. Schritt: Wir gaben zu, dass wir dem Alkohol gegenüber machtlos sind – und unser Leben nicht mehr meistern konnten.
  2. Schritt: Wir kamen zu dem Glauben, dass eine Macht, größer als wir selbst, uns unsere geistige Gesundheit wiedergeben kann.
  3. Schritt: Wir fassten den Entschluss, unseren Willen und unser Leben der Sorge Gottes – wie wir Ihn verstanden – anzuvertrauen.

Wichtige Beobachtungen dazu:

Jesus ist HERR - dieser Glaubensatz - errichtet keine Barrieren. Das lässt die Jahreslosung 2022 deutlich werden: Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.

Kirche so zu denken, also als Gemeinschaft der Herausgerufenen, fokussiert auf die Zuordnung zu Jesus Christus.

Unterscheidungen von Heilig und Profan werden zweitrangig - machen kaum noch Sinn.

Wo ist nun das Problem? Im alltäglichen Leben, wenn die Beobachtungen von Victor Turner stimmen, gibt es immer wieder verschiedene Grade von Autonomie - nur die Communitas kennt die bewusste Abhängigkeit, den totalen Gehorsam. D.h. diese Entscheidung muss regelmäßig, vermutlich täglich, erneuert werden.

  • Was kann dabei helfen?
  • Was hilft mir persönlich?

Dualistische Frömmigkeit

Diagramm zu dualistischer Frömmigkeit nach A. Hirsch Ein Diagramm von Alan Hirsch zeigt die Auswirkungen, wenn die Abgrenzung wichtiger wird. Also der Bereich des Heiligen (Gott) und des Profanen (Welt) getrennt werden. Die Kirche wird dann oft als Vermittlerin gedacht.

Und im Privaten sind dann die Aktivitäten angesiedelt, die mit dem Heiligen verbinden (lila), während in der Öffentlichkeit dieser Bereich keinen Raum bekommt, kirchliches Tun sich auf Aktivitäten beschränkt, die ,theologiebefreit‘ sind, also ohne Reden von Gott auskommen.

Glaube am Montag

Eine Initiative aus unterschiedlichen christlichen Kontexten versuchte unter diesem Namen vor einigen Jahren diese dualistische Sicht zu weiten.

Der Sonntags / Kirchen – Gott: Man erlebt Gott im Kirchenraum. ER ist tatsächlich da. Der Heilige Ort und der professionelle Gottesdienst machen dieses Erlebnis möglich, und brauchen eine Infrastruktur.

Gott will uns im Alltag nahe sein. Jesus hat uns zugesagt, ich bin bei Euch alle Tage bis zum Ende der Welt. ,,Gott der Kirche” – und ,,Leben in der Welt” Wie gehen diese Bereiche zusammen?

Austauschrunde: Was rate ich jemandem, der sich der Nähe Gottes vergewissern will?

Nichtdualer Glaube

Diagramm zu nondualer Frömmigkeit nach A. Hirsch Ein weiteres Diagramm von Alan Hirsch zeigt eine Alternative zur Trennung von Heilig und Profan.

  • Gott und Welt gehen nicht ineinander auf
  • es gibt einen Bereich, in dem Kirche keine Rolle spielt – also der Auftrag, den Jesus seinen Jüngern gibt, ist nicht im Blick. Die Sammlung auf den Vater hin, hat keine Bedeutung.
  • es gibt einen Bereich, in dem Gott nicht vorkommt – das lässt Religion trocken werden, der Glaube orientiert sich an der Technik, an Gesetzen und der Moral.
  • es gibt einen Bereich, der die Welt ausspart – das Bewusstsein für die Gnade ist da, manche Vorstellung von Gott wird ungewöhnlich verortet, ist nicht geerdet.
  • und es gibt einen Bereich, in dem ist alles Jesus unterstellt, hier wird der ganze Alltag geheiligt.

Weg in die Freiheit der Kinder Gottes

Eine Kluft zwischen Sonntags-Gott und Montag-Gott führt zu einem polytheistischen Leben.

Für viele Kirchgänger haben im Grunde für verschiedene Seiten des Lebens eigene Götter, beobachtet A. Hirsch und zitiert Richard Niebuhr.

Ziel ist: alles im Leben Gott in Jesus zu unterstellen.

Der Völkermord in Ruanda zeigt als Beispiel, dass auch Christen, die eine Erweckung erlebt haben, nicht davor bewahrt werden, mehreren Göttern zu huldigen und dass dieser Polytheismus gravierende Folgen hat. (Krieg in der Ukraine ganz aktuell)

Was ist im Zentrum? Der Militärseelsorger der KSK hat einmal berichtet, wie er erschrocken wahrnahm, dass sein afrikanischer Kollege sich zuerst als Mitglied eines Stammes wahrnahm und erst dann als Christ. D.h. er hat seine Ethnie nicht der Herrschaft Jesu unterstellt. Ein Beispiel von vielen.

Austauschrunde: Was hilft, das Evangelium, die Botschaft von Jesus als HERRN zu inkulturieren? Bei uns in der Konsumgesellschaft?

Dritter Abend: missional und inkarnatorisch - vom Jüngern

Beim letzten Abend haben wir uns Jesu Einladung bewusst gemacht, zu IHM zu kommen, SEIN Joch aufzunehmen, also mit IHM zusammen die Lebenslast zu tragen.

Anders ausgedrückt, sich selbst bewusst als Jünger:in dem kommenden Reich Gottes zu öffnen, von Jesus zu lernen, IHM nachzufolgen – Jüngersein / Christsein zu leben - im eigenen Leben Raum zu geben für IHN und SEINE Gegenwart.

Heute geht es (missional) um Jesu Auftrag: die Einladung zu Jesus zu kommen und von IHM zu lernen, weiterzugeben, (im Jüngern) und zwar an alle Völker (inkarnatorisch).

Gebet als Einstieg

Der Text eines Liedes von Lukas Di Nunzio kann uns einstimmen:

Refr.: (2x) Leben aus der Quelle, Leben nur aus dir, Leben aus der Quelle des Lebens.

  1. Und du erforscht mich, veränderst mein Denken, nur noch aus dir will ich leben, o Herr. - Refr

  2. Hilfst mir zu schweigen und auf dich zu warten, nur noch aus dir will ich leben, o Herr. - Refr

  3. Willst mich gebrauchen als Salz für die Erde, nur noch aus dir will ich leben, o Herr. - Refr

Umkehr - neues Denken

Du veränderst mein Denken - nur noch aus DIR will ich leben

Diese Grunderfahrung kennzeichnet Jüngersein. Umkehr ist das biblische Wort dazu aus Jesu erster Predigt: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium.

Wie hat damals Jesus den Menschen geholfen, umzukehren, zu Jüngern zu werden und wie kann/soll in unserer Zeit eine solche Einführung in ein verändertes Denken geschehen?

Wer so fragt, verbindet die Einführung ins Jüngersein (d.h. das Aufnehmen des Memes Jesus ist HERR) und Beobachtungen von V. Turner zu Übergangsriten, konkreten Zeiten der Initiation (ein anderes Wort für Einführung).

Orientierung am Evangelium - frohe Botschaft

Die Hinführung, Jesus als HERRN anzunehmen, nennt man Evangelisierung.

Wie hat Jesus evangelisiert?

In den 4 Evangelien wird berichtet, wie Jesus bewusst in eine kleine Gruppe von Menschen investiert. Es gibt eine Gruppe von 3en, von 12en und von 72 anderen. Jesus lässt die Jünger, also Menschen, in die er sich investiert, über ihre Praxis lernen. So sendet er sie aus, seinem Beispiel zu folgen.

Das reibt sich mit der oft vorherrschenden Form des Unterrichts in der Katechese. Oft werden da Menschen unterrichtet, die noch nicht evangelisiert sind, also noch keine persönliche Beziehung zu Jesus begonnen haben und deshalb auch kaum Bezug zu den Inhalten finden können. Und die Inhalte fördern oft auch nicht, dass eine persönliche Beziehung zu Jesus entsteht.

Firmvorbereitungschallenge bei Paul Zulehner

Zur Erinnerung vom letzten Abend nochmals die beiden Fragen:

  • Kann ich auf einem Bein stehend einer 17ährigen ostdeutschen Atheistin erklären: „Was war Jesu Vision für seine Bewegung?“
  • Bin ich „wild entschlossen“, mich dieser Bewegung anzuschließen?

Wie geht Evangelisierung?

Schlüssel für eine nachhaltige Evangelisierung:

  • ansteckende Botschaft, die man ,,niesen’’ kann.
  • Konkrete Andockpunkte an die Bewegung

Beim letzten Abend hatten wir überlegt, was kann Menschen helfen, Jesus als ihren HERRN anzunehmen und sich so mit der Bewegung / der Kirche zu verbinden.

  • Der Bezug zur Gemeinschaft war da präsent
  • und auch der Tipp, es mal zu versuchen (Probeabo).

Alan Hirsch weist darauf hin, dass diese Einladung kein Selbstläufer ist.

autoskizze

Die Vorstellung eines Autos als Bild für das Leben kann deutlich werden lassen, wie unterschiedliche Jesus in das Leben aufgenommen werden kann. Man kann IHN in den Kofferraum packen, auf die Rückbank einladen, oder den Beifahrersitz. Man kann IHM das Steuer anvertrauen, oder IHN als Navigationsgerät, Motor o.ä. sehen.

Austauschrunde: Was macht es, glaube ich heute bei uns schwer, Jesus als HERRN anzunehmen, so von IHM zu lernen, und anderen diese Einladung weiterzusagen?

Jesu Strategie - Zeugnis der Evangelien

Jesus hat konkret Menschen angesprochen und sie aufgefordert, IHM nachzufolgen.

Jesus ist in den Evangelien viel mit der Gruppe der 12 unterwegs und ab und zu in einer Mikrogruppe von 4.

In einer solchen Mikrogruppe von 3-4 ist manches möglich, was in der 12er Runde schon nicht mehr geht.

Jesus nahm Petrus, Johannes und Jakobus mit auf den Berg - später sind diese mit ihm, nach Matthäus, auch am Ölberg.

Bei der 12er Runde kommt mit der Zeit die Frage nach dem Rang, der Bedeutung in den Blick - die Struktur…

Gruppen als Orte der Evangelisierung

Fragen zum Austausch:

Kenne ich den Kontakt mit anderen Gläubigen, der mir hilft, Christsein als eine Bewegung zu verstehen?

Und was bewegt uns dann, also welchen Auftrag spüren wir?

Welche evangelisierenden Gruppenerfahrungen sind mir bekannt - aus meiner Beobachtung von anderen oder auch für mich selber?

(In der anglikanischen Kirche hat sich für unsere Zeit gezeigt: Belonging before believing – d.h. zuerst braucht es eine Beziehung und erst dann sind Menschen bereit, ihr persönliches Glaubenssystem zu verändern, sich so tiefer in die schon bestehende Beziehung zu den anderen Glaubenden zu begeben.)

Wo 2 oder 3 in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen - hat sich mir dieses Schriftwort schon mal erfahrungsmäßig erschlossen?

Auftrag Jesu

Mt 28, 19f: Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt.

Unser Handeln als Bewegung / Kirche soll missional sein - sich auf den Auftrag (Evangelisierung) beziehen und inkarnatorisch - also in der Nachfolge Jesu, der Fleisch angenommen hat, allen Völkern, Kulturen, Milieus so gelten, dass Jesu Nähe zu spüren ist.

ER möchte durch uns als Licht der Welt leuchten.

Mission bringt Gemeinde in Form

Mission shaped church + Missio dei - sind wichtige Stichworte der anglikanischen Kirche zu Beginn dieses Jahrhunderts. Sie haben Impulse zu Gemeindepflanzungen gegeben, also zu einem Wachstum von Kirche in oft bislang unerreichte Subkulturen.

Der Bezug zum Auftrag Jesu ist in unserer Kirche auch schon viele Jahre als Anliegen bewusst: Jesus sagt: Geht Sind wir eine Geh - hin Kirche ,missional’ (Fresh-X)

oder verstehen wir uns ,attraktional’ als Komm - her Kirche? Hier muss der Bezug zur Einladung Jesu ernstgenommen werden: ,Kommt zu mir’. D.h. wenn die Kirche der Leib Christi im Heute ist, dann muss das Wesen Jesu in den Aktionen der Kirche durchleuchten und dann kann auch diese Einladung angemessen sein. Es gibt Gründe für beides, die Sammlung und die Sendung.

Alan Hirsch weist darauf hin, die nonverbale Sprache der Kirche ist nicht immer missional ausgerichtet. Das betrifft sowohl Gebäude, wie auch den Personaleinsatz

Austauschrunde

Ansteckender Glaube

Die aktuelle Pandemieerfahrung zeigt:

Ein R-Wert > 1 lässt eine Ansteckung sich ausbreiten (das wird in der Literatur oft Multiplikation genannt)

Jesu Auftrag gilt allen Jüngern / Christen.

Papst Franziskus führt in Evangelii Gaudium 173 dazu aus:

Missionarische Jünger begleiten missionarische Jünger.

Evangelisierung ist ein spürbares Kontrastprogramm zur aktuellen Leitkultur des Konsums in der westlichen Welt.

Man kann nicht Gott und dem Mammon dienen, sagt Jesus.

Demut und Mitleiden sind keine Prioritäten dieser Leitkultur.

Pseudoreligiöse Seiten der Kultur

Viele Werbeversprechen haben pseudoreligiösen Charakter.

Zigarettenwerbung mit einem Kruzifix

Evangelisieren der Kultur

Ich bin bei euch alle Tage, bedeutet auch, dass ER durch uns unsere Kultur evangelisieren möchte, da wir ja in der Welt aber nicht von der Welt sind.

So ,,Kirche weiter (zu) denken’’, fragt Glaubensevents an. Diese Events greifen Muster der Konsumkultur auf. Sie machen es Einsteigern
einfacher, in Kontakt zu kommen könnten jedoch gleichzeitig einer Evangelisierung – dem Beginn eines nachhaltigen Jüngersein – im Wege stehen.

Alan Hirsch weist darauf hin, diese Events können Menschen, die sich kulturell sehr unterscheiden, auch nicht erreichen.

Kontrastgesellschaft

Konsumverhalten im bestehenden Christentum ist eine Herausforderung. Alan Hirsch betont, dass dieses Verhalten einem lebendigen Christsein / Jüngersein entgegenläuft. Konsumdenken ist schon ein altes Phänomen im Umfeld des Glaubens, das zeigt ein Gedanke von Meister Eckhart: Manche Leute wollen Gott mit den Augen ansehen, mit denen sie eine Kuh ansehen, und wollen Gott lieben, wie sie eine Kuh lieben. Die liebst du wegen der Milch und des Käses und deines eigenen Nutzens.

Austauschrunde:

Wie sehe ich das Konsumproblem von religiöser Praxis?

Was hilft (mir), Konsummustern unserer Kultur bei meiner spirituellen Praxis zu widerstehen?

Ein Impuls des Hl. Patrick

In seinem Morgengebet heißt es:

Christus sei, wo ich liege, und Christus sei, wo ich stehe, Christus sei, wo ich sitze, und Christus sei, wo ich gehe, Christus in der Tiefe und Christus in der Höhe, Christus in der Weite.

Er sei im Munde eines jeden, der von mir spricht, Er sei im Auge eines jeden, der auf mich sieht, Er sei im Ohr eines jeden, der auf mich hört, Christus mein Herr, Christus mein Erlöser!

Austauschrunde: Welche Resonanz hat die Vorstellung, dass Christus in mir und durch mich und mit mir sein Werk vollbringen möchte – mich gebrauchen, als Salz für die Erde?

Fang an zu leben: Die Kirche als lebendes System

In den Impulsen heute werden uns 2 Bereiche begegnen, die auch schon in den anderen Abenden anklangen.

  1. Das Leben soll spürbar sein
  2. Der Blick auf das Ganze soll vom Leben geleitet sein

Lied/Gebet als Einstieg

Jesus will uns bau’n zu einem Tempel als Wohnung für den heil’gen Gott.

Dieses Haus des Herrn ist die Gemeinde, die Säule und der Wahrheit Grund.

Wie Edelsteine schön geformt, aus seiner Gnade durch das Wort.

Wenn wir uns lieben und vertrauen, Halleluja, dann wächst der Tempel mehr und mehr.

Leben als Abenteuer attraktiv

Wichtig für die Kirche der Zukunft ist der ,,Abenteuermodus‘’ – das Abenteuer mit Gott, SEINER Führung als Mitarbeiter*in Gottes.

Jesus aber sagte zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Der Sohn kann nichts von sich aus tun, sondern nur, wenn er den Vater etwas tun sieht. Was nämlich der Vater tut, das tut in gleicher Weise der Sohn. (Joh 5, 19)

Diese Ausrichtung Mitarbeiter*in Gottes kannte in unserer Diözese das Konzeptpapier Gemeindeleitung im Umbruch aus dem Jahr 1997.

Austauschrunde:

Kenne ich Erfahrungen dieses ,Abenteuermodus’, der bei Mitarbeiter Gottes anklingt?

  • also unerwartete Unterstützung meines Tuns durch die Wirklichkeit, die wir Gott nennen
  • oder eine sich zeigende Aufgabe, die ich ergreife, weil ich darin etwas von Gottes Wirken spüre.

Kirche als lebendes System

Kirchenbild des Vat II

Ein wichtiges Selbstbild als Kirche in den Dokumenten des Vat II ist die Vorstellung von Gottes Volk auf dem Weg durch die Zeit.

Tradition, so hatten wir uns am ersten Abend dieser Reihe bewusst gemacht ist eine innovative Tätigkeit und si benötigt nach S. Wiedenhofer eine differenzierte Betrachtung:

Visualisierung der Vorstellung von Kirchlichkeit in Ebenen

1. Ebene von Kirchlichkeit - Wiedenhofer

Im gemeinsamen Priestertum der Getauften, dem (sensus fidei), wird Kirche real.

Diese Ebene ermöglicht eine Versöhnung zwischen den Generationen und den Geschlechtern. Sie ist besonders im Blick bei Mt 18: Wo 2 oder 3 in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.

ER - Christus - ist Fundament dieses ,,Tempels’’.

Pionierplätze oder neue Ausdrucksformen von Kirche zeigen das Potential dieser Ebene, Inkarnation war beim letzten Abend dazu wichtiges Stichwort.

Austauschrunde:

  • Welche Weisen dieses Liebens und Vertrauens (aus dem Eingangslied) kenne ich?
  • Kann ich dies als reales Kirchesein deuten?
  • Wem möchte ich helfen, dieses Priestertum zu leben und brauche dazu noch Ideen / Unterstützung?

2. Ebene von Kirchlichkeit - Wiedenhofer

Gottesdienst und Katechese ergänzen Erfahrungen der 1. Ebene, helfen offen für Gottes Geist zu bleiben. Im Gemeindegottesdienst entsteht immer neu der Leib Christi.

Dieser Bereich des Dienstamtes kann institutionell verhärten. Fällt er aus, verliert das Zeugnis der Kirche an Relevanz.

Auf dieser Ebene gibt es - so Papst Franziskus - besonders die Versuchung des Klerikalismus, einer meist sündhaften Kollusion von Laien und Klerikern, in diesem Miteinander übernimmt der Kleriker eine Aufgabe, die im Grunde dem Laien, als Teil des Gottesvolkes zufällt. Das ist ja auch die Bedeutung von Laie - Teil des Volkes (griechisch laos).

Für die Leitung des Volkes Gottes gibt es nach Eph 4 einige Schwerpunkte, die man sich gut mit dem Kunstwort APPLE merken kann.

5 Dienste der Zurüstung, die sich gegenseitig unterstützen:

  • apostolisch zukunftsorientiert - neue Kontexte
  • prophetisch orientiert an Gottes Willen - Anfrage
  • pastoral geistliche Reife - Herde schützen
  • lehrend verstehen - helfen Gottes Willen zu erkennen
  • evangelisierend gewinnende - ansteckende Vermittler

Ausführlichere Beschreibung und Querbezüge untereinander der jeweiligen Dienste:

APOSTEL verbreiten das Evangelium. Als die “Gesandten” sorgen sie dafür, dass der Glaube von einem Kontext zum anderen und von einer Generation zur nächsten weitergegeben wird. Sie denken immer an die Zukunft, bauen Barrieren ab, etablieren die Kirche in neuen Kontexten, entwickeln Leiter, vernetzen sich ortsübergreifend.

Achtung, wer sich nur darauf konzentriert, neue Ideen zu initiieren und schnell zu expandieren, kann Menschen und Organisationen verwundet zurücklassen. Die Funktionen des Hirten und des Lehrers sind notwendig, um sicherzustellen, dass die Menschen versorgt und nicht nur benutzt werden.

PROPHETEN kennen den Willen Gottes. Sie haben ein besonderes Gespür für Gott und seine Wahrheit für heute. Sie bringen Korrektur und stellen die vorherrschenden Annahmen in Frage, die wir von der Kultur geerbt haben. Sie bestehen darauf, dass die Gemeinschaft befolgt, was Gott befohlen hat. Sie stellen den Status quo in Frage.

Achtung: Ohne die anderen Führungspersönlichkeiten können Propheten zu streitlustigen Aktivisten werden oder sich paradoxerweise von der Unvollkommenheit der Realität abwenden und in eine andere Welt abdriften.

PASTÖRE (HIRTEN) nähren und schützen. Sie kümmern sich um die Gemeinschaft und konzentrieren sich auf den Schutz und die geistliche Reifung der Herde Gottes, indem sie ein liebevolles und geistlich reifes Beziehungsnetz pflegen und Jünger machen und entwickeln. Achtung: Hirten können Stabilität zum Nachteil der Mission schätzen oder eine ungesunde Abhängigkeit zwischen der Gemeinde und sich selbst fördern.

LEHRER verstehen und erklären. Als Vermittler von Gottes Wahrheit und Weisheit helfen sie anderen, biblisch fundiert zu bleiben, um Gottes Willen besser erkennen zu können, leiten andere zur Weisheit an, helfen der Gemeinschaft, dem Wort Christi treu zu bleiben, und bauen eine übertragbare Lehre auf.

Achtung: Ohne den Beitrag der anderen Funktionen können Lehrer in Dogmatismus oder trockenen Intellektualismus verfallen und es versäumen, die persönlichen oder missionarischen Aspekte des kirchlichen Dienstes zu sehen.

EVANGELISTEN rekrutieren. Diese ansteckenden Vermittler der Botschaft des Evangeliums werben andere für die Sache. Sie rufen zu einer persönlichen Antwort auf Gottes Erlösung in Christus auf und ziehen die Gläubigen auch dazu an, sich an der weiteren Mission zu beteiligen und die Kirche wachsen zu lassen.

Achtung: Evangelisten können sich so sehr darauf konzentrieren, Menschen außerhalb der Gemeinde zu erreichen, dass Reifung und Stärkung der Menschen innerhalb der Gemeinde vernachlässigt wird.

2. Ebene von Kirchlichkeit - Austausch

Die bisherige Ausbildung der Pastoral betont Seelsorge.

Gleichzeitig passiert Seelsorge oft wie von selbst in der realen Kirchlichkeit.

  • Welche Leitungsdienste fehlen uns gerade eher als Ortskirche / Diözese auf der Ebene der Gemeinden?
  • Was kann helfen, Türen für Personen mit solchen Gaben zu öffnen?
  • Wie entsteht ein Wunsch, gemeinsam den Reichtum der Vielfalt zu leben?

Inspirationen aus der Anglikanischen Kirche:

Mission shaped Church:

Die Form der Kirche ist vom Auftrag bestimmt.

Ein wichtiges Dokument aus dem Beginn dieses Jahrhunderts, einer Zeit, in der auch in der Diözese Rottenburg Gemeinden gepflanzt wurden - GKaMs

Bewusst neue Blickrichtung: Gottes Auftrag - missio dei

Fresh X - Kirche neu (frischer Ausdruck) leben.

Alpha-Kurs: 4 Werte bestimmen dieses Konzept (FAME):

  • Freundschaft
  • Angewiesen sein auf Gott
  • Multiplikation
  • Echtsein

Eine Beobachtung aus der Friedensarbeit:

Scott Peck, ein amerikanischer Therapeut und Friedensaktivist, beobachtet, dass, wenn Menschen Gemeinschaft suchen, sich oft folgende Schritte ereignen:

  • Pseudogemeinschaft
  • Chaos
  • Leere
  • Konsens

Das Chaos verleitet Menschen dann öfter, zur Pseudogemeinschaft zurückzukehren.

Die Leere auszuhalten / anzunehmen ist auch ein Abenteuer.

Zusammenschau der 4 Abende

Diagramm zum apostolischen Genius nach A. Hirsch

Geht das auch katholisch?

LG 10: Christus hat uns zu einem neuen Volk ,,zum Königreich und zu Priestern für Gott und seinen Vater gemacht’’

Vor 60 Jahren war klar, so der Professor, bei dem ich studierte, ,,Wir Theologen wollten weg von der Weise, Kirche zuerst als Institution zu denken.‘’ Und so war der Aufbruch des Konzils auf breiter Front möglich.

Die Versuchung des Selbsterhalts bleibt.

Gottes Auftrag verblasst.

Manchmal gerät das Angewiesen-Sein auf Gott in Vergessenheit, versuchen wir Kirche selber zu machen.

Jesus lädt uns auf einen engen, schwierigen Weg ein.

Kirche ist als lebendiges System zu leben.

Mit Gefährten ist der Weg etwas Besonderes (jüngern).

Missionarische Jünger begleiten missionarische Jünger. {Papst Franziskus (EG 173)}

Darauf hat Alan Hirsch mit seinem Buch hingewiesen.

Dieses Abenteuer des Glaubens wird uns verwandeln.