Leseprobe 2 aus ‚DREI KÖNIGE‘ - BRUDERKRIEGE

Am nächsten Morgen konnten die Herolde verkünden, dass die Ehe des Königspaares vollzogen sei und die Bevölkerung hatte einmal mehr Grund zur Freude und Feierlichkeit.

Eberhard saß mit seiner Mätresse, um endlich auszuspannen nach der ungeliebten Pflicht. „Was willst du, Kunti ? Ich habe meinen Teil erfüllt; mehr gibt es nicht zu tun.“ „Du hast als Gemahl auch andere Pflichten, Eberhard. Du brauchst einen Thronfolger! Außerdem wirst du sie dann beschäftigt wissen, wenn du ihr ein Kind zum Geschenk machst. Du darfst nicht vergessen, dass du König dieses Reiches bist.“ Eberhard wand sich. „Ich höre immer nur: Pflichten, Pflichten; ich will auch mein Vergnügen. Ich will dich !“ Kunti strich ihm spielerisch über die Lippen. „Du hast mich doch ohnehin. Du weißt, dass ich immer für dich bereit bin. Denke über meine Worte nach und schenke ihr einen Sohn.“ Wieder musste Eberhard ihr recht geben. Hatte Heidrun erst einen Sprössling empfangen, so würde sie beschäftigt sein und zufriedengestellt und er hätte wieder seine Ruhe. „Noch zwei Tage“, stöhnte er, „dann finden nur noch die allgemeinen Festlichkeiten statt und ich kann mich wieder gebührend um dich kümmern.“ Kunti kicherte. „Währenddessen werden sich die Kleine und der Knabe um mich kümmern müssen; was sie übrigens ganz ausgezeichnet zuwege bringen.“ „Du bist ein kleines Biest !“ Eberhard griff unter ihre Röcke – und Kunti ließ es sich lachend gefallen.

Der König erfüllte also weiterhin seine ungeliebte Pflicht und die heißblütige Kunti beschäftigte sich derweilen mit 'Püppchen ́ und 'Omir. ́ Püppchen wurde die Zofe ob ihrer Zartheit und Niedlichkeit von den beiden Liebestollen gerufen. Dem Knaben hatte Kunti den Namen Omir gegeben, weil er während der ersten Liebesspiele stets auf gleiche Weise geantwortet hatte. – Während Püppchen den Jungen mit der Zunge an seinem niedlich-kleinen Glied gereizt hatte, wollte Kunti wissen, ob es ihm gefiele. Der Knabe, fast besinnungslos vor Erregung, hatte gestöhnt: 'O, mir gefällt es sehr gut. ́ Als er späterhin mit seiner eigenen Zunge Kunti zu verwöhnen hatte, antwortete er wiederum auf die gleiche Frage : 'O, mir gefällt es gut. ́ So hatte er kurzerhand dieses 'O mir ́ als Rufnamen erhalten.

Omir war anstellig und legte wahre Begeisterung bei der Erfüllung seiner Pflichten an den Tag. Es dauerte nur wenige Stunden, so benötigte er keinerlei besondere Aufforderung mehr, um sich unter Kunti’s oder Püppchens Röcken zu schaffen zu machen. – Beide von gleichem heißem Blute, ließen es sich nur allzu gerne gefallen.

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In Wolfs Schloss war während der Abwesenheit des Königspaares ein Streit unter den Ministern entbrannt. Die Regierungsgewalt war dem erfahrensten und zugleich ältesten Minister, einem Manne von unscheinbarem Äußeren, von Wolf übertragen worden. Dieser Minister war ein stiller, auf Gerechtigkeit und Ehrlichkeit bedachter Mann, der unglückseligerweise, wenn er erregt war, von einem leichten Stottern befallen wurde. Aufgrund dieses Sprachfehlers wurde der intelligente Mann zuweilen von einigen seiner Mitminister nicht allzu ernstgenommen. Hinzu kam, dass er gutmütig war und in keinster Weise von irgendwelchen Machtgelüsten geplagt wurde. König Wolf hatte vor geraumer Zeit aus dem Ausland eine Ladung Edelhölzer bestellt, welche nun, just während seiner Abwesenheit, geliefert werden sollte. Es ergab sich der Umstand, dass der Lieferer des Holzes einen beträchtlich höheren Preis als ursprünglich ausgehandelt, veranschlagte. Der regierende Minister, welcher dem Schatzmeister jede Auszahlung zu genehmigen hatte, lehnte solches Ansinnen rundweg ab. Es kam zur Diskussion unter den konkurrierenden Ministern. „Der König hat die Hölzer bestellt, also muss er sie auch erhalten. Wir können sie unmöglich zurückgehen lassen.“ „Nein, das können wir nicht; doch ist der Preis nicht der rechte. Der Lieferer muss die Hölzer zum ausgemachten Preis herausgeben !“ Dies erwies sich allerdings als nicht möglich, da der Lieferer selbst nicht anwesend war, sondern den Lieferauftrag weitergegeben hatte, mit der Order, das Geld für ihn einzunehmen. Hin und her ging die Diskussion, doch konnte man sich nicht einig über das weitere Verfahren werden. Der Schatzmeister bat den regierenden Minister, die Anweisung zur Auszahlung der höheren Summe zu erteilen. Dieser jedoch weigerte sich weiterhin mit Bestimmtheit. „Die Leute mögen warten, bis König Wolf zurückkehrt. Stellt ihnen Quartiere zur Verfügung und verpflegt sie. Ich werde die höhere Summe keinesfalls genehmigen ! Ihr als Schatzmeister solltet wissen, dass es des Königs Gelder sind, welche Ihr verwahrt. Eine Auszahlung dieser überhöhten Summe wäre eine Veruntreuung des Eigentums unseres Königs.“

Ein Verweilen der Händler erwies sich allerdings ebenfalls als nicht möglich, da Diese weiter Aufträge an anderen Orten zu erfüllen hatten. Erneut entspann sich eine Diskussion unter den Ministern. „Der alte Stotterer will nicht einsehen, dass die Hölzer in jedem Falle hierzubleiben haben. Er weigert sich, die Auszahlung zu genehmigen !“ „Er hat recht“, so ein Anderer, „er kann die Auszahlung nicht genehmigen; nicht unter diesen Umständen !“ „Unsinn“, so ein Dritter, „zahlt ihnen das Geld; wenn der König zurück ist, kann er Boten senden, um das zu viel gezahlte Geld zurückzufordern.“ „Ihr seid nicht recht gescheit“, so der Zweite wieder, „der König wird so die Gelder niemals wiedersehen !“

Es ging hin und her, bis der erboste Schatzmeister, der ein hochtrabender Mann war, dieser leidigen Debatte ein Ende bereitete: „Argumente her, Argumente hin; ich werde die Summe ausbezahlen ! Schließlich bin ich der Schatzmeister des Königs ! Der alte Zauderer kann sich ja späterhin beim König beschweren. – Ich handle dann, wenn Not am Manne ist !“ „Nach eigenem Gutdünken könnt Ihr die Summe nicht aus der Staatskasse nehmen“, warnte man ihn, „es könnte Euch übel bekommen.“ „Dann lasst uns den alten Narren absetzen“, schrie der Schatzmeister, „lasst uns abstimmen, um endlich Klarheit zu bekommen!!“

Nach einigem weiteren Hin und Her beschlossen die Minister, über den Regierenden tatsächlich abzustimmen und schritten zur Tat. Nach kurzer Zeit schon war über das Schicksal des vom König eingesetzten regierenden Ministers entschieden: Mit zwei Stimmen Mehrheit für Dessen Gegner wurde der Ahnungslose seines Amtes enthoben und der Schatzmeister in diese Position erhoben. Dieser öffnete die Staatskasse, zahlte die verlangte Summe aus und ließ die Lieferer der Hölzer davonziehen.

Nach zwei Monaten der Abwesenheit kam Wolf in Begleitung seines Bruders und Dessen Gefolge wieder im heimatlichen Schlosse an. Er ließ nach seinem Regierungs-Minister schicken – und staunte nicht schlecht, als ihm statt Diesem der Schatzmeister entgegentrat. Nachdem der König vernommen, was sich zugetragen hatte, berief er den Ministerrat ein und ließ sich von jedem Einzelnen über das Geschehen berichten. Der abgesetzte Minister saß schweigend und ließ den Kopf hängen. – Nachdem Wolf alles vernommen, vertagte er die Entscheidung auf den nächsten Tag, um sich endlich von dem Staub der Reise zu reinigen und zu erholen.

Wolf verkündete das Urteil: Für die bloße Teilnahme an der Abstimmung wurden zehn Stockschläge zugerechnet. Dies betraf alle Minister, außer Dreien, welche sich geweigert hatten, daran teilzunehmen. Wer bei der Abstimmung zudem gegen den Regierenden gestimmt hatte, bekam fünfzig weitere Stockschläge und wurde aus dem Lande verwiesen. Dem Schatzmeister aber ließ Wolf den Kopf abschlagen. „Wer gegen eine Anordnung des Königs verstößt, macht sich des Treueverrates schuldig“, begründete Wolf dieses strenge Urteil, „wer den König bestiehlt oder betrügt, betrügt damit auch das Volk um seine Steuergelder.“

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Während der gesamten Dauer des Heimrittes wollten Urs die Gedanken an das Geschehen an seines Bruders Hof nicht mehr loslassen. 'Es könnte auch mir passieren. Ich werde Vorsorge treffen müssen. ́ Ulf galt immer noch als der Hofnarr des Königs, doch war er das für Urs schon lange nicht mehr. Sein Wort galt Urs als das gewichtigste. Stilles Aufatmen bei der Ankunft; hier hatte Alles seine Richtigkeit. Nach Bad und etwas Ruhe schickte der König nach dem Zwergen.
Er berichtete Diesem, was am Hofe des Bruders vorgefallen war. Ulf nickte nachdenklich. „Das kann geschehen, wenn ein Erster Minister nicht bei Allen geachtet – und die Furcht vor dem Herrn nicht genügend groß ist. Ein König kann zwar gütig sein, doch soll er auch Strenge beweisen, wenn die Umstände es erfordern.“ „Du hast wie immer recht“, stimmte Urs diesen Worten bei, „aus diesem Grunde wird es einige Veränderungen an meinem Hofe geben. Ich habe bisher keinen Ersten Minister; Jeder hat sein eigenes Amt und kümmert sich um seine eigenen Sachen. Dies werde ich ändern.“ „Und Ihr habt mich rufen lassen, damit ich Euch Rat gebe, wer der Geeignetste für jenes Amt sei ?“ Ulf sah den König fragend an. „Nein, mein Freund; diesmal benötige ich deinen Rat nicht. Ich weiß bereits selbst, wer wofür in Frage kommt.“ Dann begann Urs von Eberhard zu erzählen. „Er hat seiner Mätresse außer der Zofe auch noch einen Knaben geschenkt. Man darf gespannt sein, ob die Ehe einen beruhigenden Einfluss auf ihn haben wird. – Wie steht es mit deiner Gesundheit ?“ Der Zwerg hatte sich erholt und es war deutlich zu erkennen.

  • Abrupt erhob sich Urs und der kleine Mann war entlassen. Verwundert schritt Ulf in Richtung seiner Gemächer. War der König mit einem mal verärgert ? Nein; bestimmt nicht. Es gab keinen Grund; oder doch ?

Urs ließ seinen Ministern befehlen, dass Alle – ohne Ausnahme – am nächsten Morgen im Beratungssaal zu erscheinen hätten. Die Minister hatten zum Teil schon durch Gefolgsleute des Königs von den Vorkommnissen an Wolfens Hof Bericht erhalten und Jedem schien klar, dass die Aufforderung, morgen geschlossen zu erscheinen, mit jenen Geschehnissen in Verbindung stehe. Vermeintlich vorbereitet erschienen also die Minister und Berater am nächsten Morgen, um dem König die Ehre zu erweisen. Wie erstaunten Diese aber, als sie erfuhren, welche Veränderungen sie zu erwarten hatten !

„Für euch gilt Ulf schon seit Jeher lediglich als der Spaßmacher eures Königs; doch für mich ist er dies schon lange nicht mehr. Ulf ist mein treuer Berater und wird es fortan auch in offizieller Eigenschaft sein. Zum Minister werde ich ihn nicht ernennen, doch sollte es bei euren Beratungen zu Meinungsverschiedenheiten kommen, so wird er für euch die letzte Instanz sein. Sein Wort soll mit dem des Königs gleichbedeutend sein ! Ich werde nicht zaudern, ebenso zu verfahren, wie mein jüngerer Bruder es getan hat ! Bisher war ich mit eurer Arbeit zufrieden und es gab keine Gründe zur Klage; sorgt dafür, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Denkt daran: Ulf ist ein Mann von zwar nur geringer körperlicher Größe, doch von großem Geiste ! Diese meine Verfügung tritt ab sofort in Kraft und wird von den Schreibern unverzüglich dokumentiert und mir zur Besiegelung vorgelegt !“

Damit waren die Erstaunten entlassen. Nachdem die betreffende Urkunde beglaubigt und besiegelt war, wurde erneut Ulf befohlen. Urs legte ihm das Pergament vor und fragte: „Was hältst du davon, mein Freund ?“

Ulf war sprachlos. Der König lachte und stellte erneut die gleiche Frage. Zögernd erklärte Ulf, dass man ihn wohl kaum ernst nehmen werde, da er doch lediglich der Hofnarr sei. Der König möge die Sache erneut überdenken und doch lieber einem Anderen diese Ehre zuteilwerden lassen. „Nichts da“, polterte Urs mit wegwerfender Geste, „du bist nur besorgt wegen deines süßen Frauchens und befürchtest, dass dir von nun an weniger Zeit für es bleiben wird! Mache es wie mein Bruder Eberhard und schenke ihr einen Knaben !“ Wieder ernst werdend, fuhr der König fort: „Es gibt keinen Besseren, mein Freund. Ich habe Vertrauen zu dir und ich weiß, dass du mir dieses Vertrauen nicht schlecht lohnen wirst. Schon längst hätte ich diesen Schritt unternehmen sollen. Für den nötigen Respekt dir gegenüber werde ich bei den Ministern schon sorgen. Es ist beschlossene Sache. – Geh’ nun und nutze deine noch freie Zeit für dein Frauchen !“ Lachend entließ der König seinen Berater.

Ulf kehrte klopfenden Herzens in seine Gemächer zurück. Was würde Elfi dazu sagen ? Er hatte die höchste Position erreicht, welche überhaupt denkbar war. – Der Hofnarr war zum beratenden Staatsoberhaupt ernannt... Elfi war zunächst fassungslos. „Oh, Ulf! Ich glaube es kaum! Endlich, endlich bekommst du, was du längst verdient hast. Welch großartiger Gebieter ist dieser König !“ Erschrocken hielt sie inne. „Was – was wird dies für uns bedeuten ? Wirst du nun mehr beschäftigt sein als zuvor ?“ Ulf lachte. „Im Gegenteil ! Die größte Anstrengung erfahre ich doch in deiner Gegenwart. Ich werde mich nun erholen können.“

Dann erzählte der Zwerg, was der König über Eberhard berichtet hatte und erwähnte den Vorschlag des Urs, Elfi einen Knaben zu schenken. Elfi errötete, doch sie atmete schneller und ihre Brustspitzchen richteten sich verräterisch auf. Ulf, der dies bemerkte, stichelte: „Ich weiß ja, dass du dir nichts aus Knaben machst; also werde ich dich bestimmt nicht zwingen, dich mit einem abzuquälen. Du wirst ein braves Mädchen werden und all diese Spielereien bleiben lassen.“ Elfi errötete noch tiefer. „Ach Ulf“, hauchte sie, „ich liebe dich.“

Fortsetzung Morgen