Das größte Problem in der Pflege sitzt bzw. liegt auf der anderen Seite des Flures: der Patient.
Man kann gar nicht in Worte fassen, was sich diese Kunden so alles einfallen lassen. Landauf landab ist der Pflegenotstand in aller Munde, man klatscht, pflückt Lavendel und allen ist bewusst, dass diese systemrelevante Tätigkeit vollste Wertschätzung verdient. Jedenfalls so lange, bis man selbst oder der nächste Angehörige Kunde wird. Dann mutiert die Notfallklingel zur Serviceglocke, alles dauert zu lange und die Pflegekräfte brauchen ganz sicher keine Pause.
Dies alles wäre nicht der Rede wert, wenn im Verlauf der letzten zwanzig Jahre die Anspruchshaltung der Patienten nicht stetig zunehmen und immer öfter zu immer krasserem Verhalten führen würde. Hierzu aus der Praxis einige Beispiele.
Unlängst hatte wir das Vergnügen im Spätdienst unterbesetzt zu arbeiten. Das bedeutet: zwei examinierte Fachkräfte, eine Kranenpflegehelferin (KPH) und eine Anerkennungspraktikantin, die aus Indien stammt, seit 8 Monaten in Deutschland ist und über eher geringe Sprachkenntnisse verfügt, versorgen 36 Patienten, davon etliche mit Telemetrien überwacht. Und da die Situation so natürlich viel zu einfach zu stemmen wäre, hatten wir an diesem Tag fünf Entlassungen und entsprechend viele Zugänge.
Einer dieser Zugänge nun, ein Mann mit Zustand nach Synkope kommt von der Aufnahme auf einer Trage liegend, erklärt, dass er wegen Schmerzen im Bein nicht aufstehen könne und ins Bett umgelagert werden müsse. Da er nicht gerade leicht war, musste das komplette verfügbare Personal mithelfen ihn ins Bett zu legen. Als er dann endlich im Zimmer war, erklärte er sogleich er brauche unbedingt einen Rollator, damit er dann zur Toilette laufen könne. Danke…
Plötzlich klingelt das Telefon, es war kurz vor Schichtwechsel zum Nachtdienst, da läutete das Telefon. Der Pizzaservice! Allerdings hatte niemand eine solche geordert, da wir ohnehin keine Pause machen konnten. Es stellte sich jedoch heraus, dass ein Patient eine solche bestellt hatte, der allerdings auf Grund einer Querschnittsymptomatik nicht in der Lage war die Pizza selbst abzuholen. Er empfand es selbstredend als Überflüssig jemanden darüber zu informieren. Das Ergebnis: Überstunden wegen einer bestellten Pizza.
Diese beiden Vorkommnisse waren freilich nicht die einzigen Ereignisse, die einen reibungslosen Ablauf des Dienstes erschwerten. Sie sind jedoch besonders prägnante Beispiele dafür, wie Selbstbezogenheit, Gedankenlosigkeit und Egoismus - letztlich auch der ganzen Gesellschaft - zu Überlastungen im Pflegebereich führen und ich frage mich, wie es sein kann, dass es immer noch nicht angekommen ist, wie es in pflegerischen Einrichtungen abläuft.
Endlose Diskussionen, dass Besucher natürlich eine Maske tragen müssen, dass die Besuchszeit nur eine Stunde möglich ist, dass nur eine Person besuchen darf tun ihr Übriges: irgendwann möchte man einfach mit einem Gewehr über Station laufen und alle erschießen.
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